Die wundersame Mär über
Strompreise in den ‚KKI-Nachrichten’
Nr 78. vom November 2004
Vergangenen Monat wurden wir wiedereinmal mit den ‚KKI-Nachrichten’ beglückt,
dem bedeutendsten Satiremagazin Niederbayerns. Etwas später tauchten
Pressemeldungen über Strompreiserhöhung bei E.ON auf. Es war die Rede von etwa
6 % (SZ 4.12.2004). Vor diesem Hintergrund ist der Kommentar des technischen
Leiters vom KKI Siegfried Seidel in der genannten Gazette besonders
interessant. Lesen Sie, was davon zu halten ist.
„Milliarden-Subventionen“ seien „in den teuren Betrieb
von Solar- und Windkraftwerken“ gesteckt worden, so heißt es da etwa.
Unkorrekt, Herr Seifert, denn Strom aus erneuerbaren
Energien wird nicht subventioniert, und erneuerbare Energien sind nicht einfach
‚teuer’, denn teuer ist relativ.
Herr Seifert sollte eigentlich wissen, dass nach dem
Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) Betreiber von Stromnetzen verpflichtet
werden, Strom aus regenerativen Energien zu Mindestpreisen abzunehmen. Die
Mehrkosten können an den Endverbraucher weitergegeben werden. Der private
Endverbraucher zahlt dafür derzeit maximal 0,42 ct/kWh.
Das sind weniger als 5 % des Gesamtpreises pro kWh. Im Übrigen ist das weniger
als die ca. 6-prozentige Erhöhung, die E.ON momentan plant.
Bei den Maßnahmen aus dem EEG handelt es sich also keineswegs
um Subventionen, denn nicht der Steuerzahler sondern der Endverbraucher wird
zur Kasse gebeten. Subventioniert wird lediglich die teilweise Befreiung
stromintensiver Unternehmen von den Mehrkosten durch das EEG, um deren
Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden. Und das widerspricht Seiferts
pauschaler Behauptung „die Verteuerung der Energie“ sei „allgemein schon immer
Ziel der Bundesregierung“ gewesen.
Das EEG soll Anreize zur Kostenreduzierung bei der
Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien schaffen. Der Erfolg stellt sich
bereits jetzt ein: Windenergie beispielsweise ist heute nur noch halb so teuer
wie 1991. Innerhalb der nächsten zehn Jahre werden sich die Kosten
voraussichtlich um weitere 36 % reduzieren, und damit wird Windstrom dank des
EEG auf absehbare Zeit auch ohne ‚Subventionen’ konkurrenzfähig sein. Kosten
für Umweltbelastungen werden aber nicht anfallen. Teuer? – Langfristig ist das
Gegenteil der Fall.
Weiter behauptet Herr Seifert „Solcher
Subventionsregen [für die Windenergie] wurde der Kerntechnik nie zuteil.“
Eine solche Behauptung, ist nun schlicht eine Frechheit.
Aus der Fülle an Beispielen für subventioniertem Atomstrom
(und hier ist das Wort korrekt gebraucht) hier nur einige wenige:
·
Die Kosten für den nie fertiggestellten
Schnellen Brüter in Kalkar belaufen sich auf 7 Mrd.
DM. Sie wurden teils auf den Endverbraucher umgelegt. In Höhe von 1 Mrd. DM
wurde aber auch der Steuerzahler zur Kasse gebeten.
·
Der Freistaat Bayern
subventionierte das gescheiterte Projekt WAA Wackersdorf in dreistelliger
Millionenhöhe natürlich aus Steuergeldern.
·
Mitte 1997 hatte die
Stromwirtschaft steuerfreie Rückstellungen für die Entsorgung und Stillegung
von Atomkraftwerken von insgesamt 54 Milliarden DM gebildet. Sie dienen nun zu
Investitionen in branchenfremde Bereiche und führen zu jährlichen
Steuerausfällen in Milliardenhöhe.
·
Der Euratom-Vertrag setzt die
Subventionen u.a. durch Vergabe von günstigen Krediten fort.
Schätzungen beziffern die Subventionen für Atomstrom auf
insgesamt ca. 80 Mrd. €! 80 Mrd. € echte Subventionen für Atomstrom gegenüber
ca. 8 Mrd. € Anschubförderung für die Windenergie durch das EEG! Auf wen, so
fragt man sich, prasselte denn nun wirklich der Subventionsregen nieder?
Schließlich macht Seifert allein die Bundesregierung für
die Strompreisverteuerung der letzten Zeit verantwortlich. Sie habe die
Verteuerung sogar bewusst herbeigeführt: „eigentlich war die Verteuerung der
Energie … schon immer Ziel der Bundesregierung“. Und dann:
„Jetzt für die fatalen Folgen dieses Handelns … die
Stromunternehmen verantwortlich zu machen, ist unredlich“
Als Führungskraft des höheren Managements in einem
Unternehmen, das Strom produziert und Stromnetze betreibt, weiß der Autor
natürlich genau, welche Faktoren in welchem Ausmaß den Strompreis bestimmen. Er
weiß, dass der Strompreis fast zur Hälfte von der Stromproduktion und zu knapp einem Drittel
von der Netznutzung bestimmt wird. Netzumlage und Stromsteuer sind dafür nur zu
gut 10 % verantwortlich. Es ist also so, wie wir es längst ahnten: Den
Strompreis bestimmen im Wesentlichen, nämlich ca. zu 2/3, die großen
Netzbetreiber und Stromproduzenten wie E.ON, RWE, Vattenfall
Europe und EnBW. Dass diese Firmen davon ablenken
wollen und verzweifelt nach einem anderen Sündenbock suchen, ist verständlich.
Aber das ist auch, und hier ist es das nun wirklich - unredlich.